Beim Lesen des Begriffs Spielwarenfabrik entstehen sofort Assoziationen mit einem Ort, an dem bunte Spielzeuge wie Puppen, Bauklötze oder kleine Autos gefertigt werden, die Kinderaugen zum Leuchten bringen. Auch die Spritzgussrahmen, die Hubert Blanz verwendet, erinnern an die vertrauten Elemente des Modellbaus. Viele von uns haben Stunden damit verbracht, winzige Bauteile herauszulösen, um sie anschließend sorgfältig gemäß der Anleitung zu Flugzeugen oder anderen Modellen zusammenzusetzen, zu bemalen und mit den entsprechenden Emblemen zu versehen. Auch wenn man mit Spielwaren wohl in der Regel eher Freude, Unbeschwertheit und kindliche Fantasie verbindet, waren diese Modellbauflugzeuge überwiegend Militärflugzeuge wie der Eurofighter oder auch Modelle aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg, die dann die Kinderzimmer dekorierten. Die Spritzgussrahmen sowie die fünf katalogähnlichen Kategorien – Figuren, Fahrzeuge, Flugzeuge, Schiffe und Sci-Fi –, in die die Exponate aufgeteilt sind, stellen einen ersten Hinweis auf die eigentliche Bedeutungsebene dar, auf die Blanz mit seiner Arbeit Spielwarenfabrik verweist. Der Titel der Serie ist ein Codename, einst für das größte Panzerwerk des Zweiten Weltkrieges, in diesem Fall aber für die Rüstungsindustrie an sich, die im Zuge der aktuellen Kriege wieder präsenter in der Politik und den Medien ist. Hubert Blanz beschäftigt sich in seinen Arbeiten mit Systemen, und in den hier ausgestellten mit dem Begriff der Systemrelevanz, also der Bedeutung einer Institution, Branche oder eines Sektors für das Funktionieren eines gesamten Systems. War es während der Corona-Krise noch das Gesundheitswesen, das in Zusammenhang mit diesem Begriff überwiegend genannt wurde, so wird aufgrund geopolitischer Konflikte zunehmend auch die Rüstungsindustrie immer mehr als systemrelevant angesehen. Die damit verbundenen ethischen Implikationen werden bei Blanz insbesondere dadurch deutlich, dass er hier die Rüstungsindustrie der Spielwarenfabrik gegenüberstellt.
Mit den vergrößerten Modellbauteilen – wir sehen z. B. den Arm eines männlichen Soldaten oder auch die Tragfläche eines Tornados –, die wiederum mit den nötigen Kleinteilen, um das jeweilige Objekt bauen zu können, gefüllt sind, stellt er die vermeintliche Harmlosigkeit in Frage. Die bewusste Wahl der Farbe Grün, die fast fluoreszierend wirkt, in Kombination mit dem schwarzen Hintergrund und dem vorhandenen Bildrauschen, birgt zudem noch die Assoziation zu Aufnahmen mit Nachtsichtgeräten oder auch zu Videospielen wie der Serie Call of Duty, in der der Spieler/die Spielerin die Rolle eines Soldaten/einer Soldatin einnimmt. Dies kann als Kommentar zur heutigen Realität einer zunehmend von Technologie durchdrungenen Gesellschaft interpretiert werden. In der Umsetzung der Modelle zu den Fotoarbeiten wird der Schatten zum Licht. Das Durchleuchten als ein wesentlicher Bestandteil schafft eine zusätzliche Dimension der Wahrnehmung. Das Zusammenspiel der einzelnen Arbeiten der Serie lässt den Gedanken an ethische und soziale Fragen im Hinblick auf Fortschritt und Technologie aufkommen.
- Katharina Ehrl, Kuratorin und Sammlungsleiterin Fotografie und Medienkunst Museum der Moderne Salzburg -
The term "toy factory" [Spielwarenfabrik] immediately conjures up associations with a place where colorful toys such as dolls, building blocks, or small cars are made to make children's eyes light up. The injection-molded frames that Hubert Blanz uses are also reminiscent of the familiar elements of model making. Many of us have spent hours disassembling tiny parts and then carefully assembling, painting, and emblazoning them into airplanes or other models according to the instructions. Although toys are generally associated with joy, light-heartedness and childlike imagination, these model airplanes were mainly military aircraft such as the Eurofighter or models from the First and Second World Wars, which then decorated children's rooms.
The injection-molded frames and the five catalog-like categories - figures, vehicles, airplanes, ships, and sci-fi - into which the exhibits are divided give a first hint at the actual level of meaning that Blanz is referring to with his work Spielwarenfabrik. The title of the series is a code name, once for the largest tank factory of the Second World War, but in this case for the arms industry itself, which is once again present in politics and the media in the wake of the current wars. In his work, Hubert Blanz is concerned with systems, and in the works exhibited here with the concept of systemic relevance, i.e. the importance of an institution, an industry, or a sector for the functioning of an entire system. During the coronavirus crisis, the health care sector was most often mentioned in connection with this term, but due to geopolitical conflicts, the defense industry is increasingly seen as systemically relevant.The ethical implications become particularly clear in Blanz's work when he compares the arms industry to a toy factory.
With the enlarged model components - we see, for example, the arm of a male soldier or the wing of a tornado - which in turn are filled with the small parts necessary to build the respective object, he questions the supposed harmlessness. The deliberate choice of the color green, which has an almost fluorescent effect, in combination with the black background and the existing image noise, is also reminiscent of night vision goggles or video games such as the Call of Duty series, in which the player takes on the role of a soldier. This can be interpreted as a commentary on today's reality of a society increasingly permeated by technology. In the realization of the models for the photographic works, shadow becomes light. Illumination as an essential component creates an additional dimension of perception. The interplay of the individual works in the series raises ethical and social questions about progress and technology.
- Katharina Ehrl, curator and head of the photography and media art collection at the Museum der Moderne Salzburg -
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