24. Jänner - 1. März 2024
VERONIKA SUSCHNIG. Nesting
Eröffnung: Dienstag, 23.01.2024, 19.00, in Anwesenheit der Künstlerin
Einleitende Worte von Paula Watzl, Textchefin Parnass Magazin
Könnte man der Kunst bloß etwas näherkommen, denkt man sich oft als AusstellungsbesucherIn. Könnte man bloß erfahren, wer die Person hinter dem Werk ist. Veronika Suschnig ermöglich genau das und tritt in ihrer zweiten Einzelausstellung in der Galerie Reinthaler einen großen Schritt auf ihre Gäste zu – wenn allerdings umgekehrt auch sie bereit sind, einen Schritt zu machen. Eine Bewegung hinein in das sogenannte „Habitat“. Ein Raum im Raum, den Suschnig in Anlehnung an das Gewächshaus in ihrem Ateliergarten in den Ausstellungskontext transferiert. Der Garten ist wesentlicher Akteur im Schaffensprozess der Künstlerin, und das Gewächshaus sein Herz, der Ort, an dem nicht nur Samen, sondern auch Ideen gezogen werden. Zwischen den Netzen aus Gaze, die über Keilrahmen gespannt worden sind, ist nun auch im Ausstellungsraum ein Platz für Reflexion und Innenschau (mit schemenhaftem Blick nach Außen) entstanden.
Suschnigs hochpersönliche Arbeiten treffen tief, wenn man sich ihnen öffnet. Das Zwiegespräch, das die Künstlerin im Atelier und im Garten mit sich führt, bietet sie nun den Besuchenden an. Die weißen Formen, welche malerisch über das Habitat tanzen, dessen Innerstes wir betreten dürfen, können als Selbstporträt interpretiert werden. Dies ist aber nicht der einzige Moment, in dem die Künstlerin im Raum körperlich greifbar wird. Während Suschnig mit dieser Ausstellung in erster Linie neue Facetten ihrer „Soft Skills“-Reihe aufzeigt – installativ und großformatig – treffen sie im Raum auf zwei Gäste, die aus der Reihe fallen: Ein skurriler gefilzter Ball aus Kopfhaar und ein Pillen-Bild. „Protect me from what I want” ist das erste weiße Werk der Serie „Drug Tales“ in denen Suschnig Schriftzüge über geleerte Tablettenverpackungen tänzeln lässt. Wenn „Placebo“ diese bekannte Zeile aus Literatur, Kunst und Popkultur singen, texten sie davor „It's the disease of the age, It's the disease that we crave”. Krankheit ist ein wesentliches und wiederkehrendes Thema im Werk Veronika Suschnigs. Der Klumpen verfilztes Haar ist das, was von einer Verletzung im vergangenen Jahr blieb. Von einer Zeit, als die Haarpflege sekundär war und die langen Strähnen der Künstlerin ein Eigenleben entwickelten – ein Nest. Ort der Geborgenheit, des wohligen Zuhauses, aber auch der komplexen Verwirrung und in diesem Fall Verwahrlosung. All das kann nebeneinander existieren, ohne sich auszuschließen – das Schöne und das Hässliche. Das englische Wort „Nesting“, das zum Titel dieser Ausstellung wurde, kann etwa mit „Verschachtelung“ übersetzt werden. Ineinander, übereinander und miteinander greifen auch die zahlreichen Metaphern dieser Ausstellung.
- Paula Watzl -
If only we could get closer to art, one often thinks when visiting an exhibition. If only we could find out who the person behind the work is. Veronika Suschnig makes precisely this possible and takes a big step toward her guests in her second solo exhibition in Galerie Reinthaler, when, however, they are also willing to take a step. A move inwards into the so-called “Habitat”. A space within the space, which Suschnig has transferred into the exhibition context based on the greenhouse in her studio garden. The garden is a central agent in the creative process of the artist, and the greenhouse is its heart, the place where not only seeds but also ideas germinate. Between the nets of gauze that have been spanned over stretcher frames, a place for reflection and looking inward (with a wraithlike view outwards) has now also been created in the exhibition space.
Suschnig’s highly personal works have a deep impact when one opens oneself to them. The artist now offers to visitors the dialogue she is conducting with herself in the studio and in the garden. The white forms that dance picturesquely over the Habitat, the innermost realm of which we are allowed to enter, can be interpreted as a self-portrait. However, this is not the only moment in which the artist becomes physically tangible in the space. While Suschnig is primarily pointing out new installation-like and large-format facets of her “Soft Skills” series with this exhibition, two guests are encountered in the space who are the odd ones out: a bizarre, matted ball of hair and a pill picture. “Protect me from what I want” is the first white work of the series “Drug Tales”, in which Suschnig allows lettering to dance over empty pill packages. When “Placebo” sings this familiar line from literature, art and pop culture, they have previously written “It's the disease of the age, It's the disease that we crave”. Disease is a central and recurring theme in the work of Veronika Suschnig. The clump of matted hair is what remains of an injury from the previous year. From a time when grooming hair was a matter of secondary importance and the long strands of the artist developed a life of their own – a nest. A place of security, of a cosy feeling of home, but also of complex confusion and in this case neglect. All of that can exist adjacent to one another without being mutually exclusive – the beautiful and the ugly. The English word “nesting”, which became the title of this exhibition, can also be understood as something like “interlacing”. The many metaphors of this exhibition also mesh into one another, on top of one another and with one another.
- Paula Watzl -
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